Fundstücke aus dem Archiv: Hörer*innenpost an Monika Dietl

Diese Fundstücke hatten wir vor ein paar Wochen schon bei Facebook präsentiert, jetzt zeigen wir sie hier noch einmal, inklusive von ein paar weiteren Bildern:

Hörer*innenpost an Monika Dietl bzw. ihre Sendungen „S-F-Beat“ bei SFB 2 und „The Big Beat“ bei Radio 4U (dem kurzlebigen Jugendsender des SFB) von Ende der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre. Monika Dietl war in den späten 80ern die erste Berliner Radiomoderatorin, die in ihren Sendungen auch House und Techno spielte und damit viele spätere DJs und Raver*innen zum ersten Mal in Kontakt mit dieser neuen Musik brachte. Für nicht wenige waren die Sendungen von „Moni D.“ die wichtigste Informationsquelle überhaupt, da es nicht gerade leicht war, an die Platten ranzukommen und zu erfahren, was es da eigentlich gerade alles so gibt. Die Playlists der Sendungen konnten sich die Hörer*innen auf Anfrage sogar zuschicken lassen. Dazu gab’s Hintergrundinformationen, Interviews mit den Künstler*innen und – auch ganz wichtig – Infos über die neusten Clubs und kommenden Partys.

Auch im Osten der Stadt wurde SFB gehört und auf Partys liefen Tapes mit Zusammenstellungen von Tracks aus Monika Dietls Sendungen. Die Fans aus dem Ostteil der Stadt waren also schon gut informiert darüber, was im Westen passierte. Der Legende nach parkten deshalb zur Überraschung der West-Berliner*innen schon direkt nach dem Mauerfall die ersten Trabbis vor dem UFO (dem ersten „Acid-House-Club“ Berlins).

Die Briefe drehen sich z.B. um die aktuellen Clubs und wichtigsten Plattenläden: Welche sind cool? Welche nicht? Wo gibt’s die neusten Maxis? Und wie schafft man es, im Plattenladen Hard Wax netter behandelt zu werden? Dazu Einsendungen zu Verlosungen, z.B. von Gästelistenplätzen. Viele liebevoll gestaltete Briefe und Postkarten sind dabei. Das Konvolut ist ein eindrückliches Zeugnis der frühen Technoszene und erzählt von der Bedeutung des Radios in der Zeit vor dem Internet.

PS: Übrigens gibt es in unserer Sammlung auch ein paar Mitschnitte von S-F-Beat und The Big Beat zum Nachhören. Der Bestand an Hörer*innenbriefen konnte im Rahmen einer Förderung durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa aufgearbeitet werden.

Daniel Schneider

Fundstücke aus dem Archiv: Unterlagen aus dem Georg-von-Rauch-Haus

Unser Blog soll ja lebendiger werden, deshalb veröffentlichen wir hier ab jetzt auch unregelmäßig Beiträge über Fundstücke aus unserer Sammlung. Den Anfang machen Dokumente aus der Anfangszeit der Berliner Hausbesetzungs- und Jugendzentrumsbewegung: ein Bestand an Unterlagen aus dem Georg-von-Rauch-Haus in Kreuzberg, vorgestellt von unserer Praktikantin Laura Stoppkotte.

Anfang der 1970er gab es laut Schätzungen des Senats rund 1.200 Treber*innen in Westberlin, die unter 14 Jahre alt waren. Das waren Kinder und Jugendliche, die aus den damals sehr autoritär strukturierten Erziehungsheimen oder aus den problematischen Verhältnissen von zuhause abgehauen waren. Sie wurden meist von der Polizei gesucht, die sie sofort zurück ins Heim steckte, und hatten so keine Chance auf einen Schul- oder Ausbildungsplatz. Darum bildeten sich Gruppen, die sich der Probleme der Treber*innen annahmen. Am 2. Juli 1971 wurde ein Fabrikgelände in Kreuzberg besetzt, wo der Jugendzentrum e.V. einzog. Ein halbes Jahr später, am 8. Dezember 1971, wurde das nahegelegene Martha-Maria-Haus des ehemaligen Bethanien-Krankenhauses besetzt und über 60 Treber*innen, Lehrlinge und Jungarbeiter*innen zogen in das in „Georg-von-Rauch-Haus“ umbenannte Gebäude ein.

Im Rauch-Haus-Bestand lassen sich auch einige Unterlagen anderer Projekte der Jugendarbeit finden. Zum Beispiel eine Selbstdokumentation der Trebebambule, einem Projekt des SSB e.V. (Sozialpädagogische Sondermaßnahmen Berlin). Die Trebebambule bildete Wohngruppen, in denen 3-5 Jugendliche mit ebenso vielen Erwachsenen in einer Wohngruppe lebten und sie unterstützen, sodass sie größtenteils selbstbestimmt leben konnten. Sie stellte Trebeausweise für die Jugendlichen aus, damit sie die Zugehörigkeit zu der Gruppe nachweisen konnten.

In dem Bestand findet sich auch eine Selbstdokumentation des Tommy-Weisbecker-Haus (ebenfalls SSB e.V.) mit einem kleinen Comic zur Entstehung des Wohnprojektes. Dafür wurde nämlich im Februar 1973 zu Verhandlungszwecken zwei Wochen lang das Drugstore besetzt. Als Ergebnis wurde ein erster Mietvertrag bis Ende 1973 abgeschlossen.

Der Senat hat immer wieder Gründe gesucht um das Rauchhaus und Tommyhaus räumen zu lassen – beide Projekte existieren aber bis heute an ihren ursprünglichen Orten. Anders ist die Situation des selbstverwalteten Jugendzentrums Drugstore (auch SSB e.V.). Das Drugstore ist weiterhin auf der Suche nach geeignten neuen Räumen, seitdem es Ende 2018 seine Räume in der Potsdamer Straße 180 räumen musste, wo es seit 1972 sein Zuhause hatte.