Der Juli ist wieder International Zine Month (IZM). Aus diesem Anlass stellen wir euch auch dieses Jahr wieder einige aus unserer Sicht interessante Hefte aus der Fanzine-Sammlung des Archivs der Jugendkulturen als „Zine of the Day“ vor…
Was mich vor allem an Perzines bis heute immer wieder fasziniert, sind die verschiedenen, Lebensentwürfe, Alltagsefahrungen und Erlebnisse, die ich oftmals nicht kannte und durch die ich immer wieder meine eigene Lebensrealität relativieren und anders betrachten konnte. Zines wie Ring of Fire, Deafulla, Alien oder Wer A sagt, muss nicht B sagen boten mir nicht nur Einblicke in das mir meist fremde Leben ihrer Herausgeber_innen, sondern ermöglichten mir auch, meinen eigenen Alltag und meine eigene Lebenssituation aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Solche Zines erweiterten im besten Fall tatsächlich mein Bewusstsein.
Das von Jane Graham herausgegebene Shag Stamp gehört auch zu diesen Zines, die mir immer wieder neue Denkanstöße geben konnten. Shag Stamp ist eine enorm vieldeutige Wortkombination. Der Begriff kann einen Knutschfleck oder „love bite“ bezeichnen, aber „shagging“ kann auch Vögeln oder Ficken meinen.
Jane hat sich diesen Titel für ihr Zine ganz bewusst ausgesucht. Wie auch die Herausgeber_innen anderer Perzines, so schreibt Jane in Shag Stamp vor allem über ihren Alltag, ihre Erfahrungen, ihre Erlebnisse, ihre Ansichten und Gedanken. Sie erzählt von ihren Reisen per Anhalter quer durch Europa und die USA, berichtet von Punk- und Hardcore-Konzerten, die sie besucht hat, von Erlebnissen mit Freunden und Liebhabern, macht sich Gedanken über Politik, Feminismus, Erotik und Pornografie und schreibt eben auch sehr viel über ihren Job als Stripperin an den unterschiedlichsten Orten der Welt und ihre Leidenschaft für Kunstperformances.

Shag Stamp #8 (2000) mit goldenem Stencil-Cover
Was ich an ihren Zines vor allem immer gut fand, war diese enorme Bandbreite an differenzierten Ansichten und komplexen Erfahrungen, die sie dabei entfalten konnte. Shag Stamp ist eines dieser Zines, bei denen man sofort den Drang verspürt, mit dem oder der Herausgeber_in ganze Abende durchquatschen zu wollen. Schade, dass ich sie leider nie persönlich kennengelernt habe. Mittlerweile hat sich Shane aus der Zine Community herausgezogen. Shag Stamp #8 erschien im Januar 2000 in Kopenhagen (und nicht wie die vorherigen Nummern in Sheffield oder Bradford!) und ist leider die letzte Ausgabe dieses wirklich interessanten und empfehlenswerten Perzines
Christian
Mehr Infos zum International Zine Month (IZM) sind hier zu finden.
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