CTM in 3D – Düsternis, Dunst und Drones

Berlin im Winterschlaf? Nicht mal im Januar kann das behauptet werden. Vor allem die Clubs sind durchgängig auf Betriebstemperatur. Und das CTM Festival (Festival for Adventurous Music and Art) erhöht dabei den hektischen Puls dieser Stadt noch weiter und bringt den Tag-Nacht-Rhythmus auch unter der Woche durcheinander. Neben Ausstellung und Panels im Kunstraum Bethanien wird mit Konzerten, Performances, Live-Auftritten und DJ-Sets im Berghain, HAU, YAAM und Astra Kulturhaus die Fülle an Angeboten fast schon wieder zu einer Überforderung oder, besser gesagt, zu einer Navigierleistung, was und wem die Aufmerksamkeit geschenkt werden soll.

Die 16. Edition der CTM widmet sich traditionell eher den experimentellen Klanglaboren und akustischen Grenzgebieten elektronischer Musik. Das ist auch nur bedingt tanzbar und oft eher eine dem inneren Monlog ähnliche Körperselbsterfahrung. Als Besucher_in begibt man sich dabei auf eine akustische Autobahn, in der in diesem Jahr vor allem Drones dominieren und teilweise gewohnte musikalische Grenzen erreicht bzw. diese um strapaziöse Ausfahrten erweitert werden.

Ästhetisch bewegen sich vor allem die CTM-Abende im Berghain in dem Dreiklang von wabernden, den Körper einhüllenden, düsteren Drones, massiven sichtnehmenden Nebelschwaden und Dunkelheit, die immer mal wieder punktuell durch Lichtinstallationen oder Stroboskop und Flutlicht aufgebrochen wird. Vor allem die Auftritte am Dienstag und Mittwoch mit u. a. The Bug, J.K. Flesh und Alec Empire bestachen hierdurch und zeigten darüber hinaus auch wieder eine Dominanz männlicher, weißer DJs und Künstler auf der Bühne.

Über Musik zu schreiben oder besser gesagt, die schwer in Worte zu fassenden musikalischen Klangwelten zu sezieren, um die avantgardistische Grundausrichtung dieses etwas anderen Musikfestivals zu beschreiben, werde ich an dieser Stelle allen ersparen. Aus ganz persönlichen Gründen. Ich finde das meistens langweilig und selbstdarstellerisch. Aber vor allem: Jede noch so detaillierte und referenzverliebte Beschreibung eine Livemusik-Erfahrung kann doch nie das wirklich entscheidende solcher Momente einfangen: Das Wirken auf den eigenen Körper, das Gefühl der körperdurchflutenden Sounds, die von den Füßen bis zum Brustkorb alles zum vibrieren bringen, das Hören und Verarbeiten von Frequenzen, die in den Ohren schmerzen, das Verschwinden des Ichs in einer diffusen Masse, die wie ein einziger Körper wirkt und alles um einen herum vergessen lässt. Akustik meets Körper. Resonanzkörper Club. Bewegungsaskese.

Dieses Leitmotiv wurde am ehesten am Donnerstag Abend im Berghain mit Auftritten von We Will Fail, Gazelle Twins, Evan Christ, Suidiceyears und die DJ-Sets in der Panorama Bar u.a. von Rroxymoore durchbrochen. Vor allem das Set der Musikerin We Will Fail hatte so rein gar nichts mit Versagen am Hut, sondern bewies viel mehr, dass sich auch warme und tanzbare Klänge ihren Weg in den Dunstkreis dieses Festivals bahnen können.

Neben den bereits genannten Events stachen vor allem folgende Auftritte für mich heraus:

Ansonsten galt oft die Devise: Ohrstöpsel nicht vergessen! Wir werden es uns für das nächste Jahr vormerken.

Giuseppina Lettieri

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