Bar 25

Britta Nischner, Nana Yuriko
Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit
Movinet Film
Deutschland 2012

Carolin Saage
25/7
Seltmann+Söhne 2013
208 Seiten
39,90 €

2Q==Der per Crowdfunding finanzierte Dokumentarfilm Bar 25 – Tage ausserhalb der Zeit über die Geschichte der Bar 25 und der ebenfalls diesen Berliner Club dokumentierende Fotoband 25/7 von Carolin Saage thematisieren den Aufstieg und Fall eines Wohn- und Freizeit-Projektes von im Kern vier Leuten. Der Film zeigt mit einigen Längen, wie sie es schafften, mitten in Berlin an der East Side Gallery – gegenüber vom Kiki Blofeld, unweit vom Tresor und auf der Straße Richtung Berghain – ein freiräumliches Partyufo zu erfinden und sieben Jahre lang zu erhalten. Anfangs zeigen Bilder und Interviews im Film eher elitär wirkende Inszenierungen von Kreativität und ein Leben außerhalb des vermeintlich „normalen“ Lebens und dessen ritualisierten Alltags. Allerdings wirkt die Welt im Freiraum der Bar 25 auf mich ebenfalls häufig ritualisiert, so als würde den meisten der gezeigten Party-Szenen eine Wiederholung innewohnen, die immer nur um ein oder zwei neue Aspekte wie z. B. eine neue Verkleidung, Geste oder ein neues Party-Gadget ergänzt wird. Die Filmausschnitte werden unterbrochen bzw. strukturiert durch collagierte Bildereinschübe (die man auch vom Design der Homepage kennt) mit Zitaten von z. B. Albert Hofmann, dem Entdecker von LSD, oder dem Autor Aldous Huxley (Schöne Neue Welt). Im zweiten und dritten Teil des Films zeigen Bilder und Interviews mit den Bar-Lebenskünstler_innen wie die Kommune durch die Auswirkungen der Ökonomisierung der Stadt politisiert wird, sie sich an der Petition Spreeufer für alle beteiligen und sich ein bisschen über das Bündnis Mediaspree versenken radikalisieren. Für mich wird die Bar erst jetzt Avantgarde: trotz oder möglicherweise gerade wegen der zunehmenden breiteren öffentlichen Wahrnehmung, mit der auch eine vermeintliche Öffnung zur Normalität einhergeht, wird die Bar in den letzten drei Monate ihres Bestehens zum Symbol einer Bewegung, die für Freiräume kämpft und sich mit anderen Betroffenen solidarisiert. Dabei wird dann die eigene Mystifizierung ein Stück zurückschraubt, wenn auch vor allem aus dem Bedürfnis, die eigenen Freiräume zu erhalten.

Im Fotoband werden diese Bilder aus der Zeit der Politisierung nicht gezeigt, was ich schade finde. Im Bildband stehen ausschließlich das burleseke Feierleben, der künstlerische Exzess und die Überhöhung des eigenen kreativen Outputs im Vordergrund. Bilder vom Alltag, von den problematischen Aspekten des Feierns oder dem Niedergang des Clubs fehlen. So oder so, der Mythos der Bar 25 ist entstanden und wird durch diese beiden Veröffentlichungen für die Nachwelt erhalten.

Tanja Ehmann

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